Das Bild zeigt das Terrain des antiken Pelopeion im 20. Jahrhundert
The picture shows the terrain of the antique Pelopeion in the 20th century
L'image montre le terrain du Pelopeion ancien au 20ème siècle



Wissenschaftlicher Bericht über das Pelopeion
von Allfred Mallwitz - Archäologe

... Dass diese Jahrzehnte (Mitte 5. bis Anfang des 4. Jh.) eine Zeit vertiefter Besinnung war auf ältere Kulte waren, wird noch deutlicher an der Erneuerung des Pelopions. Die auffällige Betonung des Heroenbezirks unweit des großen Altars durch eine ziemlich hoch zu denkende Mauer und durch einen festlichen Zugang über ein schönes Propylon im Südwesten rücken erst jetzt Pelops als einen der gewichtigsten Zeugen für das seit mythischen Zeiten bestehende Olympia in den Vordergrund.

Die Bedeutung, die Pelops spätestens seit Anfang des 4. Jhs. v. Chr. in Olympia besaß, zeigt sich bereits in der Lage semes Heroons unweit südlich des Heraions und westlich vom Zeusaltar. Hier wurde dem Pelops ein schwarzer Widder über einer Grube geopfert - wie es zuerst Herakles tat. In seinem ummauerten Bezirk wuchsen Bäume und standen Statuen.


Betretbar war er von Südwesten über ein stattliches Tor. Von diesem hat sich der Unterbau großenteils er­halten, seinem Oberbau lassen sich nur wenige und nicht hinreichend gesicherte Bauglieder zuweisen, so daß auch der Grundriß Fragen offen läßt. Soweit erkennbar, scheint es sich um einen prostylen Torbau mit vier dorischen Säulen an der Front zu handeln, zu dem eine Rampe führte. Dem Tor wird ein schön ausgebildetes Kapitell für einen Pfeiler mit Halbsäule zugesprochen, das dann nur an der inneren Frontseite gesessen haben kann.

Von den Umfassungsmauern fehlt heute viel. So läßt sich ihre Höhe und die genaue Lage ihrer Westseite nicht mehr bestimmen. Doch besteht über die unregelmäßige sechseckige Form des Temenos grundsätzlich kein Zweifel, die sich nur erklären läßt, wenn nach verschiedenen Richtungen hin Rücksicht zu nehmen war auf bereits vorhandene Gegebenheiten. Für die Nordostseite mag es die Nähe des großen Altares gewesen sein.

In zwei tiefer gelegenen Quadern innerhalb des Bezirks und unweit des Tores sieht man gerne die Reste eines älteren, dann wohl archaischen Tores. Wie schon an anderer Stelle betont, verbindet sich für uns mit Pelops die Frage nach dem vorgeschichtlichen Olympia. Dies war der Hauptgrund für die Nachgrabungen Dörpfelds? Er deckte hier unter der griechischen Altarschicht nicht nur an der Nordostecke die Apsis des mittel­helladischen Hauses 5 und das Kindergrab I auf, sondern er stieß im Südwesten auf eine Reihe »hochkant gestellter« Feldsteine, die vor dem Tor in einem leichten Bogen nach Norden zu verfolgen waren.

Der weitere Verlauf dieser Steinzeile wurde, wie die Anordnung der Suchgräben7,8,10,11,12 usw. beweist, unter der Voraussetzung gesucht, daß sie sich zu einem Kreise schließen müsse. Selbst Dörpfeld räumte ein, daß über den Suchgraben 10 hinaus der Verlauf dieser Reihe nicht mehr wirklich sicher nachzuweisen war. So bleibt in Wirklichkeit mehr als 3/4 des (auf Abb.104) angegebenen Kreises eine Vermutung. Für Dörpfeld aber war das älteste Pelopion (I) gefunden; »Die Stelle, die von Herakles für den Grabhügel in Olympia gewählt und ausgebaut wurde, war ein niedriger natürlicher Hügel, ein Ausläufer des Gaions und Kronions, der sich unter dem Heraion hinzieht und südlich von ihm nochmals erhebt.«

Es hat aber wahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt hier einen künstlichen oder natürlichen Hügel gegeben, dem der Steinkreis irgendwie gefolgt ist. Der Schnitt vom Heraion nach Süden, der den Steinkreis unterhalb der nördlichen Mauer des klassischen Pelopions und im Süden etwa die Mittelachse des Propylons schneidet, gibt zugleich auch die sich ablösenden Grabhügel in ihren Höhen an. Der erste erreicht nur das Niveau von - 1,30 m und hätte mit seiner Kuppe nicht höher als die Mauer a über Haus 5 gelegen, die 5,50 m weit in den Steinkreise reicht, d. h. von dessen angeblichem Mittelpunkt gut 10 m entfernt aufhört.

Aber auch ohne diese Mauer - die man für jünger als Pelopion I ansehen könnte (was freilich andere Schwierigkeiten nach sich zieht, s. unten) - läßt sich der auf Abb. 106 gezeichnete Grabhügel von seiner Nordostecke aus nicht entwickeln, wo er Haus 5 zugedeckt haben müßte. Der Steinkreis ist dort unmittelbar an Haus 5 vorbeigeführt gedacht, dessen Mauern bis -1,50m erhalten sind. In welcher Höhe man hier auch den Steinkreis ansetzt, zu einem im Gelände sichtbaren oder überhaupt bemerkbaren Hügel konnte sich Pelo­pion I auf einer Strecke von 15 m bis 16 m - so groß schätzte Dörpfeld seinen Radius (100 Fuß im Durch­messer!) - nicht entwickeln, denn der Höhenunterschied von Peripherie zu Kuppe wird nicht größer als 20 bis 30 cm.

Wie unmöglich es war, den Schnitt auf Abb. 106 über Haus 5 zu wieder- holen, zeigt Abb. 107, wo die ver­mutete Böschungslinie zwischen Mauer a bei -1,30 m und der Oberkante der Altarschicht bei -1,50 m wenig glaubwürdig unter der Pelopionmauer I/II nach Norden ausläuft. Nach Süden steigt sie dagegen bis zum Ende der Mauer a auf gut +1,20 man und erreicht bereits hier das Niveau von -0,10 m Wie hoch der Tymbos nach weiteren 10 m gleichbleibenden Anstiegs hätte werden müssen, bleibt eine müßige Frage, da auch so klar ist, daß es den Grabhügel I in dieser Form nicht gegeben haben konnte.  Daß die Steinzeile wahrscheinlich ein Spiel der Natur ist und kein menschliches Werk aus mykenischer Zeit, ist auch daraus zu entnehmen, daß Dörpfeld weder ein Außenniveau für den Steinkreis noch eine siehtbare Böschungsoberfläche des Hügels gefunden hatte. Das Ungereimte seiner Theorie tritt indes auf (Abb. 107) zu Tage, sobald man erwägt, daß Grab 3 sicher ins 2.Jt, gehört, wie vielleicht auch die ganze Ansammlung von Steinen, in der es »wie eingemauert« lag. Dieses Grab 3 reichte nicht tiefer als bis zu --I,73m, derweil der Steinkreis, im Schnitt etwa 2,8om vom Grab entfernt, bei --2,90m gemessen wurde und demnach 1,20 m tiefer als jenes lag. Freilich nähert sich der Steinkreis, wenn man die verschiedenen Pläne Dörpfelds richtig auswertet, im Suchgraben 10 unmittelbar dem Grabe, wo der Steinkreis bei --2,27m gemessen wurde und demnach nur mehr 57 cm tiefer als das Grab lag. Aber auch der jetzt geringer gewordene Höhenunterschied macht es unmöglich anzunehmen, daß der Fuß eines mykenischen Grabhügels tiefer gelegen haben könnte als das ihm unmittelbar benachbarte Grab aus mittelhelladischer Zeit.

Pelopion I ist aber auch sonst als Vorgänger des späteren nicht haltbar, da sich zu diesem keine erkennbare Verbindung herstellen läßt. Schließlich sollen die Feldsteine von dem herabfallendem Sande des mykeni­schen Kenotaph? rasch wieder zugedeckt worden sein (sonst hätten sie sich nicht so gut gehalten I). Aber dann fragt es sich, woran man später noch die ungefähren Grenzen des Heroons hätte feststellen können. Denn der Steinkreis war schon vor Ausbreitung der »Altarschichtc unter einer zum Teil mehr als 0,70m star­ken Sanddecke verschwunden.

Aber spricht nicht gegen die Existenz von Pelopion I vor allem die fundreiche Altarschicht. selber, die, wie schon die ersten Ausgräber feststellten - und Dörpfeld durch seine Grabungen bestätigt hatte, über den ganzen Bereich des späteren Pelopions ausgebreitet worden ist? Hätte es Pelopion I gegeben, so hätte auch eine sichtbare Einfassung diesen Planierungsarbeiten innerhalb des Heroons Einhalt geboten. Gerade die Tatsache, daß die Altarschichtc ganz ohne Ubergang sich bis weit in den Pelopionbeztrk erstreckte, beweist, daß es das Heroon erst nach der Ausbreitung dieser Schicht an dieser Stelle gab. Daß der Ritus, einen schwarzen Widder an einer Grube zu opfern, Herakles zugeschrieben wurde, braucht uns dabei nicht zu irritieren.

Die ausführliche Behandlung dieser Frage hat über das Pelopion hinaus Bedeutung für das Heiligtum. Wie schon gesagt, sollte Pelopion I auch archäologisch eine Rückverbindung des griechischen Heiligtums mit der Vorgeschichte herstellen. Diese gibt es nach unserer Ansicht hier nicht mehr. Daß eine solche sehr wohl existiert haben kann ja sogar wahrscheinlich ist, soll damit nicht bestritten werden. Schließlich haben hier Menschen seit dem 3. Jahrtausend gelebt.


 
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