Das
Heraion in Olympia
Pausanias berichtet von dem Tempel der Hera die folgende
Geschichte:
"Die
Geschichte die mir Aristarchos, der Erklärer der
Dinge in Olympia, erzählt hat, glaube ich nicht
übergehen zu sollen. Er sagte
nämlich, die Eleer (die politischen Herren über
Olympia) hätten zu seinen
eigenen Lebzeiten das schadhaft gewordene Dach des Heraions instand
gesetzt und
dabei die Leiche eines Hopliten, der Verwundungen aufwies, zwischen den
beiden
Dächern gefunden (zwischen der Zierdecke und dem
ziegeltragenden Dach).
Dieser Mann habe
mitgekämpft bei der Schlacht der Eleer
gegen die Lakedaimonier in der Altis (der Heilige Hain in Olympia).
Denn die
Eleer stiegen dabei sogar auf die Heiligtümer der
Götter und auf alle hohen
Gebäude sonst, und kämpften von dort. Er scheint sich
also hier verkrochen zu
haben, als ihn wegen seiner Wunden die Kräfte
verließen. Und als er seinen
Geist aufgegeben hatte, schadeten also weder die Hitze des Sommers noch
im
Winter die Kälte dem Leichnam, da er völlig
geschützt lag. Aristarchos erzählte
auch noch weiter, dass sie den Leichnam dann nach außerhalb
geschafft und mit
seinen Waffen begraben hätten.
Das Heraion, von
dem hier erzählt wird, ist eine der
markantesten Ruinen in Olympia. Weltberühmt sind vier wieder
aufgerichtete
Säulen des Heraions, als Wahrzeichen für die
Eröffnung der modernen Olympischen
Spiele.
Für die
Rekonstruktion des Bauwerks müssen wir uns an das
uns gesetzte Zeitfenster und die Beschreibung des Pausanias halten.
Ergänzend
dazu sind die archäologischen Ausführungen von Alfred
Mallwitz herangezogen
worden.
Die
Debatte der archäologischen Wissenschaft über den
zeitlichen Ursprung des Tempels, über seine eventuellen
Vorläufer und diversen
Widmungen betrifft also unsere Rekonstruktion nicht.
Als zeitlichen
Anhaltspunkt nehmen wir das allgemein
akzeptierte, aber nicht sichere Datum für die Errichtung des
Bauwerks im 6.
Jahrhundert v. Christus an, weil es Pausanias in dieser Form mit
gewissen
Einschränkungen im 2. Jahrhundert n. Chr. noch gesehen und
beschrieben hat.
Auch Alfred
Mallwitz schreibt über das Alter des Heraions
wenig Genaues:
"Der
Elischen Überlieferung entsprechend wurde der
Tempel acht Jahre nach Oxylos von triphylischen Baumeistern errichtet,
für uns
um die Jahrtausendwende etwa, kurz nach der Einwanderung der Aitoler in
Elis.
Im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Überlieferung hat der
frühere Archäologe Dörpfeld geglaubt am
Tempel zwei vorausgegangene Bauten zu
erkennen, auf die Eigentümlichkeiten der Fundamentierung und
der Gliederung der
Cella hinwiesen. Doch ist alles in allem der Bau in einem Zuge kaum vor
600 v.
Chr., erbaut worden.
Der
Grundriß des Tempels ist an der heutigen Ruine noch gut
erkennbar.
Der umfassende Kern des Baus, also die Cella bestand wie bei dorischen
Tempeln
üblich aus zwei Seitenwänden und zwei zurückgesetzte
Querwänden.
In der
östlichen Querwand befand sich die Türe. Zwischen den
hervorragenden Mauerfronten der Seitenwände wurden im Osten
und Westen je 2 sogenannte
Anten gesetzt. Es entstanden auf diese Weise im Osten und Westen nach
außen hin
offene Räume, von denen die im Osten Vorhalle, die im Westen
Opistodom genannt
wird.
Ein hypothetischer Entwurf des Heraions ohne Säulenkranz als
sogenannter Antentempel. Die Zeichnung läßt
erkennen, dass die Cella, die wir nach
den Originalmassen der Ruine gezeichnet haben, als
eigenständiger Tempel
denkbar ist, der erst später einen Säulenkranz aus
Holz erhielt.
Aus
der Zeichnung ist die typische Struktur des dorischen
Tempels ohne Ringhalle erkennbar. Der Säulenkranz, der dieses
Tempelhaus später
umgab bestand aus 2 mal 16 Säulen an den Seiten und 2 mal 6
Säulen (die
Ecksäulen noch einmal dazu gezählt) an den
Frontseiten.
Die
Säulen waren anfänglich alle aus Holz gefertigt und
wurden nach und nach durch Säulen aus Stein ersetzt. Pausanias
hat im 2.
Jahrhundert n. Chr. noch die letzte Holzsäule im Opistodom
gesehen. Mit 50
Metern Länge und 19 m Breite gilt der Tempel der Hera in
Olympia in seiner Form
als Ringhallentempel für seine Zeit als Kolossalbauwerk.
Die Seitenmauern
standen auf einer senkrechtstehenden
Quadern, den sogenannten Orthostaten mit 1 Meter Höhe. Auf
diese Orthostaten wurde
das Mauerwerk aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichtt das mit einem
glatt
gestrichemen Putz überzogen wurde. Mit Ausnahme der
Tempelbasis und der Wände
der Cella bestanden alle anderen Bauteile ursprünglich aus
Holz.
Das Heraion verlor
nach der Errichtung des südlich gelegenenTempels
des Zeus um 475 v.
Chr. seinen zentralen
Sakral- und Kult-Charakter als Heiligtum der Hera und wurde als Museum
für
wertvolle Weihegeschenke genützt. Dabei blieb die archaische
Bausubstanz bis
auf die ehemaligen Holzsäulen der Ringhalle im Wesentlichen
bis zum Untergang
des Tempels (Ende 3.Jahrhunderts n. Chr.) unangetastet.
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