Pantheismus
Gott ist existent im Weltganzen
„Der
Ausdruck Pantheismus oder Pantheïsmus (von altgriechisch πᾶν
pān „alles“ sowie θεός theós
„Gott“) bezeichnet die Auffassung, dass „Gott“
eins mit dem Kosmos und der Natur ist. Das Göttliche wird im
Aufbau und in der Struktur des Universums gesehen, es existiert in
allen Dingen und beseelt von daher auch alle Dinge der Welt bzw. ist
mit der Welt identisch. Somit ist hier kein personifizierter Gott
vorhanden.
Deshalb wird häufig ein durch geistige
Eigenschaften definierter Urgrund als einziges Grundprinzip (Monismus)
angenommen. Der vonseiten der Theologie häufig vorgebrachte
Einwand, dass der Pantheismus (deutsch auch „Allgottlehre“)
identisch mit dem Atheismus sei, ist nur in dem Sinne gerechtfertigt,
dass in der Tat kein von der Welt verschiedener Gott angenommen wird;
keineswegs jedoch, dass überhaupt kein Gott bzw. göttliches Prinzip angenommen wird.
Theorien und historische Sichtweisen
Schwierig
zu unterscheiden vom Pantheismus ist der Kosmotheismus: Während
sich das Göttliche für den Pantheisten in der Vielfalt der
Welt einmalig und einzigartig ausdrückt, ist die Welt für den
Kosmotheisten nur eine Erscheinungsform des göttlichen Seins,
neben der es noch andere geben könnte. Der Begriff entstand in der
Zeit der Aufklärung und geht auf den britischen Philosophen John
Toland zurück, der ihn 1709 als Ausdruck seiner religiösen
Überzeugung schuf. Er postulierte, „es gebe kein von der
Materie und diesem Weltgebäude unterschiedenes göttliches
Wesen, und die Natur selbst, d. i. die Gesamtheit der Dinge, sei der
einzige und höchste Gott.“[4] 1720 schrieb er sein Werk
Pantheisticon, in dem er Ideen aus der Orphik mit solchen des
Hylozoismus kombinierte.
In
der zweiten Hälfte des 18. Jh. wurden „Spinozismus“
und „Pantheismus“ oft synonym gebraucht, denn Baruch de
Spinoza hatte eine Gleichsetzung von Gott und Natur („Deus sive
Natura“, „Gott bzw. Natur“) vertreten. In den
Pantheismusstreit, der von Friedrich Heinrich Jacobi 1785[5] mit seiner
These der Übereinstimmung von Pantheismus und Atheismus ausging,
waren als seine Kontrahenten berühmte Aufklärer, wie Moses
Mendelssohn, Johann Gottfried Herder und Immanuel Kant, verwickelt.
Monotheistische
Denker, die an einen persönlichen Gott glaubten, wandten die
Zuschreibung Pantheist polemisch gegen Autoren, die den von ihnen
postulierten Unterschied zwischen Gott und der Welt bzw. der Natur
nicht hinreichend betonten. Sie bezeichneten alle Schriftsteller und
Gelehrten, die von Spinoza beeinflusst waren, abwertend als
„Pantheisten“, so etwa Johann Wolfgang Goethe und
zahlreiche Vertreter der Romantik und des Biedermeier. Jean
Guitton (1901–1999) schrieb, jeder Atheismus sei eine Form von
Pantheismus, da der Gottesbegriff irgendwie in die Welt hinein gelegt
werde. Laut Geo Widengren entwickelt sich aus dem Pantheismus der
Polytheismus. Pantheistische Denkweisen
Bereits
in der Antike entwickelten die Vorsokratiker eine Naturphilosophie, die
auch Seele und Göttliches miteinbezog. Auch Platons Kosmologie der
Weltseele hat pantheistische Züge. Der Neuplatoniker Plotin betonte das All-Eine und war damit ein direkter Vorgänger der Pantheisten.
Die Stoiker betrachteten den Logos als universelles Vernunftprinzip,
das Göttliche, welches auch in jedem Menschen war. Im Mittelalter
gab es, anknüpfend an Plotin, vereinzelt pantheistische Tendenzen,
z.B. bei Nicolaus Cusanus. In der frühen Neuzeit betrachtete
Giordano Bruno das Göttliche als Teil des ewigen Kosmos, wobei
sich Göttlichkeit in allen Dingen offenbare.
Auch
aus den ethnischen Religionen nicht-europäischer Kulturen sind
pantheistische Vorstellungen bekannt, so etwa die als Kitchi Manitu
bezeichnete, den gesamten Kosmos durchdringende Große Kraft der
Algonkin-Indianer oder Wakan Tanka, ein sehr ähnliches Konzept der
Sioux-Indianer Nordamerikas. Als Schöpfer eines sufischen
Pantheismus gilt der im 9. Jahrhundert lebende persische Mystiker
Bāyazīd Bistāmī. Pantheismus in der Gegenwart
Im
20. Jahrhundert gehörten Frank Lloyd Wright, Neale Donald Walsch
und Arnold Toynbee zu den Vertretern des Pantheismus. Auch Albert
Einstein („Gott würfelt nicht“) stand pantheistischem
Denken nahe, hat er sich selbst doch nicht nur als konfessionslos,
sondern explizit auch als Spinozist verstanden. Mit dem wachsenden
Bewusstsein für Umweltproblematiken im späten 20. Jhd.
erstarkte der Pantheismus, unter anderem auch als Alternative zu
Christentum und reinem Atheismus.
Laut
Eigendarstellung der Freireligiösen Bewegung gibt es unter den
Freireligiösen auch Pantheisten und pantheistische
Gottesvorstellungen.
Kritik am Pantheismus
Jean-François
Leriget de La Faye (1674–1731) verfasste 1709 eine Streitschrift
gegen den Pantheismus Tolands. Auch Gottfried Wilhelm Leibniz
kritisierte Toland und seinen „Pantheismus“, da er
über die Welt rede wie über Gott. Arthur
Schopenhauer (1788–1860) kritisierte Pantheismus als
„Euphemie für Atheismus“: „Ein
unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein
missbrauchtes Wort.“ Ebenso beschrieb zu Beginn des 21.
Jahrhunderts Richard Dawkins Pantheismus als aufgepeppten Atheismus
(„sexed-up Atheism“). Während
der traditionelle Gottesbegriff im Theismus von einer völligen
Unterschiedenheit von Gott und Welt ausgeht, glaubt der Pantheismus,
die Welt mit Gott identifizieren zu können. Dagegen halten
christliche Theologen daran fest, dass weder die Welt mit Gott noch
Gott mit der Welt identifiziert werden könne. Wenn Gott im
„Endlichen“ gründe, werde die Transzendenz Gottes
– ein nach christlicher Überzeugung wesentliches Kennzeichen
– aufgehoben.
Für
die katholische Kirche entschied das 1. Vatikanische Konzil 1870, dass
man Gott „als wirklich und wesentlich von der Welt verschieden
verkünden“ müsse („praedicandus est re et
essentia a mundo distinctus,
Im
Januar 2010 kritisierte der Vatikan den Pantheismus aufgrund dessen
Verneinung einer menschlichen Überlegenheit über die Natur
und warf Pantheisten vor, die Erlösung in der Natur und nicht in
Gott zu suchen. (Pantheismus: Wikipedia, der freien
Enzyklopädie)“
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