Gerade die Person Muhammads (s) wurde in der langjährigen Geschichte der
Missverständnisse zwischen Orient und Okzident zu einem Punkt, der wesentliche,
tiefe Vorurteile gegenüber dem Islam und den Muslimen begründete. Der Koran
sieht Muhammad (s), den Gesandten Gottes, als eine Barmherzigkeit für alle
Welten, ein Vorbild in allen Lebenslagen, als jemanden, der sich um das Schicksal
der Menschheit sorgte und als einen Menschen, der in seinem Leben die
Ergebenheit in Gott vorlebte und zu ihr aufrief. Im Gegensatz dazu wurde er im
Abendland teilweise als falscher Prophet oder als Konkurrent zum Propheten
Jesus (Friede sei auf ihm) dargestellt.
Da wir genaue Aufzeichnungen und
Überlieferungen über das Leben des Propheten Muhammad und seine Zeit besitzen,
können wir ohne viel Mühe und Aufwand ein wahrheitsgetreues Bild von ihm
zeichnen. Diese im Cordoba Verlag veröffentlichen Informationen sollen einen
Beitrag dazu liefern, das verzerrte Bild zu korrigieren. Sie liefert kurze und
einfache Antworten zu den wichtigsten Fragen, die in diesem Zusammenhang immer
wieder auftauchen. Wir hoffen hiermit zu einer Annäherung von Menschen unterschiedlicher
Lebensweise und zu einem Abbau von Falschinformation beitragen zu können.
Einleitende Fragestellungen
1. Wer
war Muhammad (s)?.
2. Wie wurde der Prophet Muhammad (s) zum Propheten berufen?
3. Waren die Offenbarungen nur Einbildung?
4. Was ist ein Prophet?
5. Was unterscheidet Muhammad (s) von anderen Propheten?
6. Wird es nach Muhammad (s) noch andere Propheten geben?
7. Hat Muhammad (s) Wunder vollbracht?
8. Was lehrte der Prophet Muhammad (s)?
9. Wie reagierte die Umwelt des Propheten Muhammad (s) auf die von ihm
verkündete Botschaft?
10. Warum musste der Prophet Muhammad (s) seine Heimat verlassen?
11. Worin unterschied sich das Leben Muhammads (s) in Mekka von dem in Medina?
12. Weshalb führte der Prophet Muhammad (s) Krieg?
13. Wie haben damals die politisch Mächtigen auf die entstehende islamische
Gemeinschaft reagiert?
14. Wie kam es, dass Muhammad (s) auch die politische Führung übernahm?
15. Ist der Prophet Muhammad (s) gestorben?
16. Warum war der Prophet Muhammad (s) mit mehreren Frauen verheiratet?
17. Was meinte Muhammad (s) zur Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft?
18. Wie verhielt sich Muhammad (s) zu Angehörigen anderer Religionen?
19. Was bedeutet es, der Lehre Muhammad und seinem Beispiel im 21.
Jahrhundert
zu folgen.
20. Gibt es Aussagen von Muhammad (s) über die Bewahrung der Schöpfung?
21. Wie sicher sind das Leben und die Aussprüche Muhammads (s) überliefert?
22. Hat Muhammad (s) nicht einfach die Lehre der Christen und Juden übernommen
und umformuliert?
23. Was hat der Prophet Muhammad (s) über Jesus (a.s.) gesagt?
24. Hat Muhammad (s) die gleiche Stellung im Islam wie Jesus (a.s.) im
Christentum?
Muhammad wurde um das Jahr 570 n.Chr. in der Stadt
Mekka in Arabien als Mitglied des angesehenen Stammes der Quraisch geboren.
Seine Abstammung wird auf den Propheten Ismael, den Sohn Abrahams,
zurückgeführt. Der Stamm der Quraisch hatte in jener Zeit auf der Arabischen
Halbinsel die einflussreichste Position unter den Arabern inne, weil in Mekka
das Heiligtum der Kaaba, das Abraham mit seinem Sohn errichtet hatte, stand. In
vorislamischer Zeit war die Kaaba ein Wallfahrtsort für die damals mehrheitlich
polytheistischen Araber.
Muhammads Vater starb schon vor dessen Geburt, seine Mutter starb als Muhammad
sechs Jahre alt war. Er wurde, wie in jenen Tagen häufig, von einer Amme
aufgezogen, später dann von seinem Großvater und danach von seinem Onkel
aufgenommen. Sie waren Kaufleute und so wurde auch Muhammad Kaufmann. Zwar
besuchte er keine Schule, aber durch die praktische Ausbildung, die mit
zahlreichen Reisen verbunden war, erwarb er sich umfassende Kenntnisse.
Von seiner Jugend an war er als rechtschaffener Mensch bekannt, was ihm unter
seinen Landsleuten den Beinamen al-Amin (der Vertrauenswürdige) einbrachte. Als
er älter geworden war, arbeitete Muhammad für eine reiche Kaufmannswitwe namens
Khadidscha. Beeindruckt von seinen Fähigkeiten, besonders auch von seinen
Charaktereigenschaften und seiner tadellosen Lebensführung, bot ihm Khadidscha
die Ehe an. Sie war zu diesem Zeitpunkt etwa vierzig Jahre alt und Muhammad
fünfundzwanzig.
Sie heirateten und bekamen vier Töchter und einen Sohn, der kurz nach der
Geburt verstarb. Die Überlieferungen berichten, dass sie eine sehr glückliche
Ehe führten
Schon
Jahre vor der ersten „Offenbarung“ pflegte Muhammad sich zur Meditation auf einen Berg in der
Nähe Mekka zurückzuziehen. Er spürte, dass die Glaubensüberzeugungen, Riten und
Traditionen seines Stammes, die auf Vielgötterei gründeten, die Menschen in die
Irre führten und von ihrer Bestimmung als Geschöpfe Gottes entfernten. In einer
Höhle dachte er über all dieses nach, ohne aber eine Lösung und Perspektive zu
finden.
Im Jahre 610 n.Chr. als er sich wieder einmal alleine in der Höhle zum
Nachsinnen und Gottgedenken zurückgezogen hatte, erschien ihm der Engel Gabriel
und verkündete ihm, dass er von dem einen einzigen Gott zum Propheten
auserwählt worden sei und übermittelte ihm die ersten Offenbarungen des
Korans.
Muhammad hatte weder an so etwas wie eine Offenbarung gedacht, noch war ihm
dies auf irgendeine Weise geläufig. Ein Engel erschien ihm in der Höhle und
forderte ihn auf, etwas zu rezitieren. Er stand so sehr unter dem Eindruck der
Begegnung mit dem Engel und seiner Aufforderung, die ersten Verse der
Offenbarung des Korans zu lesen, dass er ganz verwirrt nach Hause kam.
Zitternd bat er seine Frau, ihn mit Decken einzuhüllen. Er erzählte ihr von
seinem Erlebnis und bat sie um Rat. Sie antwortete, dass er allen Menschen
gegenüber freundlich und gerecht sei und den Notleidenden zur Hilfe eile.
Deshalb glaube sie nicht, dass Gott ihn im Stich lassen würde.
Seine
Frau nahm Muhammad dann zu einem Verwandten mit, der in den Heiligen Schriften
bewandert war. Muhammad erzählte dem
alten Mann alles, was er erlebt hatte. Dieser bestätigte, dass er den Engel
Gabriel gesehen hatte, der auch vorher zu den früheren Propheten erschienen
war.
Unter
den Aspekten, nämlich Gottes Botschaft zu predigen und vorzuleben,
unterscheiden sich die Propheten nicht voneinander. So ist es nicht
verwunderlich, dass, angefangen vom ersten Menschen und Propheten Adam bis zum
abschließenden Propheten Muhammad alle
die Gottergebenheit (arab.: islam) verkündeten.
Es wird überliefert, dass Allah mehr als zweihunderttausend
Propheten berief
und jedes Volk in der Geschichte mit einem Gottgesandten gesegnet wurde
(Koran
16:36). Wir kennen nur 25 dieser Propheten namentlich, da sie im Koran
stehen.
Unter ihnen befinden sich die Propheten Noah, Abraham, David, Moses,
Johannes der
Täufer, die auch in der Bibel erwähnt werden und zudem Jesus.
Muhammad ist der abschließende der Gesandten Gottes.
Allah sandte in der Geschichte zu jedem Volk Propheten für dessen Rechtleitung.
So wurden z.B. der Prophet Schu‘aib zum Volk der Midianiter, der Prophet Salih
zum Volk der Thamud und David, Moses und Jesus zu den Kindern Israel gesandt.
Obwohl sie alle ihre Berufung von einer Quelle erhalten hatten und die
Gottergebenheit (arab.: islam) predigten und vorlebten, hatten diese Gesandten
eine zeitlich und örtlich begrenzte Aufgabe zu erfüllen. Die Entwicklung der
Zivilisationen der Menschheit vor der Zeit Muhammads war nicht weit genug
fortgeschritten, als dass ein Gesandter für alle Menschen geschickt werden
konnte.
Der Prophet Muhammad wurde aber für die
Menschen seiner Zeit und für die Zeit danach gesandt. Sein Prophetentum besitzt
somit einen universalen und zeitlosen Charakter (Koran 33:21; 68:4; 21:107).
Das größte Wunder, das Muhammad zuteil
wurde, ist der Koran. Da dieses Wunder den Menschen nicht nur zu Lebzeiten
Muhammads zugänglich war, sondern sich auch heute jeder mit dem Koran
auseinandersetzen kann, spricht diese Tatsache für die Größe und Wichtigkeit
dieses Wunders.
Neben diesem größten Wunder gibt es andere, die darauf hinweisen, dass
Muhammad ein von Gott gesandter Mensch
war: Er wurde von Gott eines Nachts von Mekka nach Jerusalem geführt und stieg vom Felsendom (Tempelberg)
in den Himmel zu Gott empor.
Gott erlaubte es ihm, in nur 23 Jahren seine Botschaft zu verkünden, eine
Gemeinschaft aufzubauen und unter sehr ungünstigen Bedingungen einen Stadtstaat
in Medina zu begründen.
In den Überlieferungen werden noch weitere Wunder, wie die Vermehrung von
Speisen u.ä. übermittelt. Wunder sind aber immer von Gott, die er Seinen
Propheten zu vollbringen erlaubt. Sie deuten darauf hin, dass die betreffende
Person von Gott gestützt wird. Die Botschaft, die die Propheten an die Menschen
überbringen, ist aber wesentlicher als die Wunder, die geschehen, wenn
Naturgesetze aufgehoben werden.
Obwohl
die Bewohner der Stadt Mekka, in der Muhammad
lebte, eine Gottesvorstellung besaßen, glaubten sie an die Mittlerrolle
von vielen verschiedenen Götzen. Diese sollten sie Gott näher bringen und sie
sprachen ihnen besondere Kräfte und Eigenschaften zu.
Muhammad erhielt von Gott den Auftrag,
die Einheit und Einzigkeit Allahs (arab. “Gott”) zu verkünden. Er klärte seine
Landsleute darüber auf, dass die Götzen und Statuen, die sie anzubeten
pflegten, keine Macht besaßen. Muhammad
versuchte seiner Umgebung klar zu machen, dass nur der Eine Einzige Gott
die Menschen erschaffen hat, sie versorgt und ihre Bitten erhört.
Als zweiten wichtigen Punkt der Botschaft Gottes stellte er heraus, dass Allah
immer wieder Gesandte unter den Menschen erwählt, die ihnen die Botschaft
Gottes übermitteln. Die Propheten sind gleichzeitig damit beauftragt, mit ihrer
eigenen Lebensweise ein mustergültiges Beispiel von Gottausgerichtetheit
abzugeben.
Als einen wesentlichen Punkt, zu dem die Menschen um ihn keinen Bezug hatten,
stellte Muhammad in seiner Verkündigung
das Leben nach dem Tod dar. Er erläuterte, dass das irdische Leben eine Prüfung
bedeutet. Er wies darauf hin, dass die Menschen nach ihrem Tod am Jüngsten Tag
wiedererweckt und – gemäss ihrer Lebensweise im Diesseits - belohnt oder
bestraft werden.
Die
führenden Personen Mekkas betrachteten seine Botschaft als eine Bedrohung für
ihre Gesellschaftsordnung. Aus Muhammads Verkündigung würde nach ihrer Ansicht
hauptsächlich die Beseitigung ihrer Götzen und Statuen folgen. Aufgrund der
Pilger aus ganz Arabien sicherten aber gerade diese den Mekkanern Einkommen,
Ansehen und Einfluss. Zudem fürchteten sie, dass der Verrat an der Religion
ihrer Väter üble Folgen haben könnte und dass Sklaven und Unterprivilegierte
ihre Rechte einfordern würden.
Gerade Menschen aus den unteren Schichten nahmen zunächst den verkündeten
Glauben an. Nur die wenigen seiner Anhänger, die angesehenen Familie
entstammten, genossen Sicherheit; die übrigen wurden verfolgt, manche sogar ermordet.
Die Lage für die Anhänger Muhammads wurde schließlich so kritisch, dass der
Prophet sie anwies, nach Abessinien auszuwandern, wo ein christlicher Herrscher
regierte.
Trotz Drangsal und Verfolgung nahm die Zahl derer, die sich ihm anschlossen, immer
weiter zu. Um diese Entwicklung zu stoppen, versuchten die Führer Mekkas,
Muhammad zu einem Kompromiss zu bewegen:
Sie boten ihm die Übernahme des Königtums und große Reichtümer an. Dafür
sollten sie abwechselnd Allah und ihren Götzen huldigen. Muhammad lehnte dies rigoros ab.
In Mekka wuchs der Druck auf die Muslime unaufhörlich und der Prophet
Muhammad suchte nach Möglichkeiten der
freien und ungestörten Verkündigung der Lehre und der täglichen Umsetzung
entsprechend dieser Botschaft.
Während
der Pilgersaison im Jahre 621 traf Muhammad
eine Gruppe von Leuten aus Yathrib (der späteren Stadt Medina), die dem
neuen Glauben gegenüber sehr aufgeschlossen waren. Im darauf folgenden Jahr
kamen die Leute aus Yathrib mit einer größeren Delegation nach Mekka und luden
Muhammad in ihre Stadt ein und
versprachen ihm, ihn zu unterstützen. So gab der Prophet den Muslimen die
Anweisung, nach Medina auszuwandern, wo sie sicher sein würden und ihren
Glauben frei ausüben könnten. Dieses Ereignis (Hidschra) markiert den Beginn
der is lamischen Zeitrechnung.
Inzwischen fassten die Mekkaner den Entschluss, Muhammad endgültig loszuwerden und ihn zu töten. Ihr
Plan ging nicht auf. Kurz zuvor verließ der Prophet Muhammad als einer der letzten, zusammen mit seinem
Gefährten Abu Bakr, die Stadt. Obwohl die Mekkaner seine Spur aufnahmen, gelang
es ihnen nicht, ihn ausfindig zu machen, und er konnte Medina sicher erreichen.
In Medina entwickelte sich eine gut organisierte Gemeinschaft mit verschiedenen
Institutionen wie Moschee, Markt und Handelswesen sowie einer eigenen
Gerichtsbarkeit und die Muslime konnten sich in dieser Situation, frei von
individueller Verfolgung, auf ein Leben nach der islamischen Lehre
konzentrieren.
Die aus Muslimen, Juden und anderen bestehende Einwohnerschaft Medinas
akzeptierte die Führungsrolle Muhammads. Vor allem fand er die völlige
Unterstützung der beiden wichtigsten Stämme Medinas, nachdem diese den Islam
angenommen hatten. Bezüglich der Juden ging Muhammad davon aus, dass sie als Anhänger einer
Offenbarungsreligion unvoreingenommen auf ihn reagieren und die neue Lehre
verstehen würden. Darüber hinaus gab es in Medina allerdings auch eine Gruppe
von (einflussreichen) Leuten, die den Islam nur aus Opportunismus annahmen.
Muhammad schloss 623 n. Chr. mit den
Vertretern der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen Medinas einen
Gemeindevertrag, der im Wesentlichen darin bestand, dass die muslimischen und
jüdischen Stämme zu gegenseitigem Schutz verpflichtet waren. Diese erste
schriftlich fixierte Verfassung diente den Muslimen als Grundmodell für spätere
Staatsstrukturen.
Obwohl die Muslime wie anfangs als Individuen nicht mehr verfolgt wurden,
setzten die damals noch Götzen anbetenden Mekkaner doch alles daran, die neu
entstandene Muslim-Gemeinde in Medina zu vernichten. Das geschah teils in Form
kriegerischer Überfälle, teils aber auch durch eine Isolationspolitik.
Derart unter Druck geraten wollten die in Medina lebenden Muslime sich
verteidigen und drängten den Propheten Muhammad, gegen die Mekkaner vorzugehen.
Dieser ging jedoch solange nicht auf die Forderungen seiner Anhänger ein, bis
Gott ihm eine Offenbarung sandte, die es ihnen erlaubte, sich gegen die
Aggressoren zu wehren.
In
der ersten Schlacht gewannen die Muslime wie durch ein Wunder gegen ein
zahlenmäßig und an Ausrüstung hoch überlegenes Heer der Mekkaner. In den
nächsten Jahren folgten noch weitere Auseinandersetzungen.
Bei
der Betrachtung dieser kriegerischen Konflikte, in die Muslime verwickelt
waren, ist leicht zu erkennen, dass die muslimische Gemeinschaft als Prinzip
den Frieden - nicht den Krieg - verfolgte. Der Prophet Muhammad ließ z.B. Kriegsgefangene frei, nachdem sie
zehn Muslimen das Lesen und Schreiben beigebracht hatten. Mehr noch: er ging
auf einen Friedensvertrag zu eigentlich kaum annehmbaren Bedingungen ein;
außerdem erließ er nach der Einnahme Mekkas eine Generalamnestie für seine
Feinde.
Heute wie damals ist Krieg leider eine soziale Realität. Deshalb sind Normen
und Regeln auch für Ausnahmesituationen wie die eines Krieges notwendig. Dass
selbst unter solchen Umständen ethische Verhaltensweisen möglich und geboten
sind, kommt z.B. in der Anweisung des Propheten Muhammad zum Ausdruck, keine Personen anzugreifen, die
nicht aktiv am Krieg beteiligt sind. Er ging sogar so weit anzuordnen, dass
Muslime auch im Krieg Natur und Umwelt zu schonen haben.
Zunächst fiel die neue Bewegung Muhammads den Großmächten der damaligen Zeit,
wie dem Oströmischen und dem Persischen Reich kaum auf, denn die arabische
Halbinsel galt geopolitisch als wenig bedeutend. Da die Mekkaner aber Kontakte
zu einigen Regionalmächten unterhielten und zu einigen sogar eine Art Bündnis
bestand, erfuhren diese von der Entwicklung und den Spannungen zwischen den
Mekkanern und Muslimen.
Der erste Rückschlag in ihren Bemühungen, die Entstehung der islamischen
Gemeinschaft zu verhindern, wurde den Mekkanern
durch einen eigentlich mit ihnen befreundeten christlichen Herrscher,
dem Herrscher von Abessinien, zugefügt, als dieser sich weigerte, die Muslime,
die dort Zuflucht gefunden hatten, an die Mekkaner auszuliefern.
Später erkannte auch das Oströmische Reich, dass der neue sich auf der
arabischen Halbinsel verbreitende Glaube, ihnen und ihrem Einfluss auf die
arabischen Gebieten gefährlich werden könnte. So kam es schließlich zu
kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Oströmern und den Muslimen. Der
Prophet Muhammad sandte zudem
Botschaften an die Herrscher der damaligen Welt und forderte sie zur Annahme
des Islams auf, was dann einige von ihnen auch taten.
Wie das Judentum kennt auch der Islam keine Trennung vom Geistlichem und
Weltlichem. Das zeigt sich vor allem in den Konzepten für eine gottergebene
Lebensweise, die der Islam für die unterschiedlichsten Lebensbereiche liefert:
Privat- und Familienleben gehören ebenso dazu wie Wirtschaft, internationale
Beziehungen usw.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Prophet Muhammad als Beispiel in unterschiedlichsten
Funktionen wahrgenommen wird: Als Familienvater und Ehemann, als Nachbar und
Freund, als Diplomat und Staatsmann.
Der Prophet Muhammad war, wie alle
anderen Propheten vor ihm, ein menschliches Wesen. Da er niemals eine göttliche
Wesensart für sich beanspruchte und sogar immer darauf hinwies, dass ihm so
etwas nicht zugeschrieben werden sollte, lebte und starb er wie ein Mensch.
Der Unterschied zwischen ihm und anderen Menschen bestand „nur“ darin, dass
Gott ihm den Koran offenbarte und Gott seine Verhaltensweisen vor Verfehlungen
beschützte. Der Prophet Muhammad wird deshalb
von den Muslimen geehrt und geliebt und als nachzueiferndes Vorbild angesehen,
aber in keiner Weise angebetet.
Als
25-jähriger heiratete der Prophet Muhammad
die vierzigjährige Khadidscha - eine angesehene, verwitwete Kauffrau.
Bis zu ihrem Tode führten sie eine glückliche und harmonische Ehe, aus der
sechs Kinder hervorgingen. Nach dem Tode Khadidschas ging Muhammad mit mehreren Frauen eine Ehe ein, wobei nur
eine davon zuvor nicht verheiratet gewesen war; alle anderen waren verwitwet
oder geschieden.
Dass der Prophet die Versorgung dieser verwitweten oder geschiedenen Frauen
übernahm, und zwar einschließlich ihrer unmündigen Kinder, spielte eine
wesentliche Rolle bei der Heirat. Zudem bewirkte die Heirat des Propheten
Muhammad mit manchen seiner Frauen, dass
die Stämme, denen sie angehörten, der damaligen Sitte gemäß, eine engere
Bindung an die Gemeinschaft der Muslime aufbauten.
Für Muslime ist die Mehrehe Muhammads, genauso wie von manchen biblischen
Propheten, von Gott erwünscht. Dass seine Frauen sämtlich mit dem Propheten
Muhammad zufrieden waren und dass sie
trotz z.T. großer materieller Entbehrungen zu ihm standen und ihn
unterstützten, wird als ein Hinweis auf die Prophetenschaft Muhammads gedeutet.
Die Stellung der Frauen in der Stammesgesellschaft auf der Arabischen Halbinsel
war gleich die eines Sklaven, wobei es hier nur wenige Ausnahmen gab. So wurde
es nicht selten als eine Schande angesehen, wenn eine Frau ein Mädchen auf die
Welt brachte. Um dieser Schande zu entgehen, wurden die neugeborenen Mädchen
oftmals in die Wüste gebracht und dort bei lebendigem Leibe verscharrt.
Mit der Offenbarung des Korans und durch das gelebte Beispiel des Propheten
Muhammad wurde ein Mädchen einem Jungen
gleichwertig eingestuft. Der Prophet verurteilte Männer, die ihre Frauen
schlecht behandelten, und zeigte durch sein eigenes Beispiel, wie man in der
Ehe gerecht und liebevoll mit seiner Frau umgehen soll. Er betonte, dass die
Frau vor Gott die gleiche Stellung hat wie der Mann und dass Frauen und Männer
sich ergänzen.
Der Auftrag, den der Prophet Muhammad
erhalten hatte, war gegenüber allen seinen Mitmenschen gleich, ob es
sich nun um Juden, Christen oder Götzendiener handelte, nämlich die
Übermittlung der Botschaft Gottes. Er sprach mit seinen Gesprächspartnern ihren
Glaubensvorstellungen entsprechend über seinen Auftrag und rief sie dazu auf,
sich dem Willen Gottes zu ergeben. Dabei zeigte er seinem Gegenüber großen
Respekt und menschliche Nähe und ertrug auch persönliche Beleidigungen und Verfolgung
mit Geduld.
Er lehrte seinen Anhängern, dass zu den Christen und Juden eine besondere Nähe
besteht und dass die Menschen die freie Wahl haben, den Glauben an Gott zu
bestätigen oder abzulehnen und dass Muslime ihre Mitmenschen mit Güte behandeln
sollen. Er betonte zudem, dass eine gerechte Behandlung aller Menschen eine
unabdingbare Voraussetzung für eine islamische Lebensweise sei.
Der Mensch kann sich Gott nicht als Vorbild nehmen, da er Ihm nicht
wesensgleich ist. Daher muss er, um ein gottgefälliges Leben führen zu können,
ein Vorbild haben, nach dem er sich richten kann. Der Prophet Muhammad wird mit seiner Persönlichkeit von Gott dem
Menschen selbst als Lebensmodell präsentiert (Koran 33:21; 68:4), da er seine
Charakterschulung und Erziehung durch seinen Herrn genoss. Das Vorbild
Muhammads (s) ist jedoch nicht nur in seinem menschlichen Leben und seinen
persönlichen Vorzügen, sondern vor allem in seinem Weg, den Handlungen und
Aussagen, die zu Gottes Zufriedenheit führten, zu suchen.
Der Koran erwähnt, dass der Prophet Muhammad
als „eine Barmherzigkeit für alle Welten“, d.h. für die ganze Schöpfung,
gesandt wurde. Es ist deswegen nicht verwunderlich, dass nicht nur Aussagen und
Empfehlungen bezüglich der Menschen von ihm überliefert sind. Er gab auch
Anweisung und Ratschläge über die gute und milde Behandlung von Tieren und den
behutsamen Umgang mit der Umwelt.
Er erzählte Gleichnisse, die aufzeigten, dass, wer Tiere gut behandelt von Gott
belohnt, und wer sie quält von ihrem Schöpfer dafür bestraft werden wird. Er
lehrte seine Anhänger, Ressourcen wie Wasser nicht zu verschwenden und einen
positiven Beitrag zur Umwelt zu leisten indem sie z.B. Bäume pflanzen sollten.
Schon
zu Lebzeiten Muhammads gab es bestimmte Personen, denen es erlaubt war, neben
dem Koran auch die Aussagen des Propheten Muhammad aufzuschreiben. Daneben gab es manche
Gefährten Muhammads , die ihn stets begleiteten und sich seine Aussprüche
merkten und sie dann anderen weitererzählten. Bei der Weitergabe wurde genau
darauf geachtet, dass die Aussagen wortgetreu übermittelt wurden, und man
zählte bei der weiteren Überlieferung die ganze Kette aller Überlieferer auf.
So wurde sichergestellt, dass der übermittelte Ausspruch des Propheten in
seiner Echtheit überprüfbar blieb. Schon in der Mitte des 8. Jahrhunderts (ca.
100 Jahre nach dem Tode des Propheten), und auch später, wurden die
Überlieferungen von muslimischen Gelehrten gesichtet, gesammelt und
kategorisiert. Seit dieser Zeit gibt es viele schriftliche Zusammenstellungen
der Überlieferungen des Propheten Muhammad.
Die
Behauptung, dass Muhammad durch den
Kontakt mit Juden und Christen, den christlichen und jüdischen Glauben kennen
gelernt habe und so seine „neue” Religion formulierte, ist meist in der
Literatur christlicher Missionare oder Orientalisten zu finden. Diese Aussagen
gründen nicht auf Fakten und finden in der Lebensbiographie des Propheten
Muhammad keine Bestätigung.
Da Muhammad selbst unbelesen war, hätte
er die Schriften der Christen und Juden überhaupt nicht studieren und somit
auch nicht von ihnen abschreiben können. Desgleichen gibt sein Umfeld, das den
Götzenkult praktizierte, keinen Anhaltspunkt dafür, dass er intensiven Kontakte
zu ihnen hatte. Auch die Tatsache, dass viele Juden und Christen nach einer
Begegnung mit Muhammad den Islam
annahmen, widerspricht dieser Theorie, weil diese als erste die Übernahme und
Verfälschung ihrer Lehre bemerkt hätten. Parallelen zwischen der biblischen
Lehre und dem islamischen Glauben lassen sich eher dadurch erklären, dass die
Offenbarungen der Christen und Juden im Grunde auf die gleiche Quelle wie die
des Koran, nämlich auf den Einen Gott, zurückzuführen sind.
Muhammad war ein Nachfolger Jesu und
bezeichnete ihn als „seinen Bruder“. Als er mit Christen über Jesus sprach,
betonte er stets den Sachverhalt, dass Jesus nicht Gott oder Gottes Sohn ist.
Der Prophet Muhammad berichtete, dass er
in einem Traum Jesus gesehen habe und beschreibt ihn wie folgt: „Als ich nachts
bei der Kaaba schlief, sah ich im Traum einen Mann mit lohfarbener Haut, so
schön, wie man einen Mann mit lohfarbener Haut sehen kann. Sein gelocktes Haar
fiel bis zwischen seine Schultern, vom Kopfhaar des Mannes tropfte Wasser, und
er hatte seine Hände auf die Schultern zweier Männer gelegt und umschritt das
Heilige Haus, und ich fragte: ‚Wer ist das?‘ und sie sagten: ‚Das ist Isa
(Jesus), Sohn der Maryam (Maria)‘“ (überlief. bei Buhari, IV, 649 in „Der Islam
und Jesus“, A. v. Denffer, München 1995, S. 43ff)
Der
Prophet erklärte einmal: "Wer bezeugt, dass kein Gott da ist außer Allah,
Der keinen Teilhaber hat, und dass Muhammad Sein Diener und Gesandter ist, und
dass Isa (Jesus) der Diener Allahs und Sein Gesandter und Sein Wort ist, das Er
Maryam (Maria) entboten hat und von Seinem Geist, und (bezeugt), dass das
Paradies wahr ist und das Höllenfeuer wahr ist, den lässt Allah ins Paradies
eingehen um dessentwillen, was er (im Diesseits) getan hat." (Buhari).
Islam ist nicht eine Religion, die Muhammad
begründet hat. Islam (auf Arabisch heißt Islam etwa „Hingabe [zu Gott]“)
ist die Lebensweise, die alle Gesandten und Propheten Gottes samt Jesus
gepredigt und gelebt haben und somit die ewige Urreligion. Aus diesem Grund ist
Muhammad der Verkünder des „Islam“ in
seiner endgültigen Form und er ist der abschließende Gesandte Allahs.
Muslime
lieben Muhammad, weil er der Gesandte Gottes ist, folgen ihm, weil er ein Leben
in völliger Gottergebenheit verbracht hat und verehren ihn, weil er der
auserwählte Prophet ist. Aber sie erhöhen ihn nicht auf die Stufe Gottes und
betrachten ihn nicht als einen Mittler zwischen Gott und den Menschen. Denn der
Prophet (s) sagte selbst zu seinen Gefährten: „Erhöht mich nicht wie die
Christen Jesus erhöht haben. Ich bin der Knecht Allahs. Sagt: “Er ist der
Diener und Gesandte Allahs“ (Ahmad, Bd. I, S.24).
Vorwort des Cordoba Verlages