Karma Alles, was der
Mensch mit seinen Sinnen wahrnimmt, erstrebt und meidet, gehört „der Welt der Formen, Gestaltungen, und Erscheinungen“ an.
Diese aber sind dem ununterbrochenen
Wandel und dem Prozeß ständigen Werdens und Vergehens unterworfen, nicht von Dauer und ohne Bestand.[1]
Somit sind die verlockenden Aspekte von Glück und
Wohlsein und alle Visionen von Harmonie und Frieden innerhalb einer selbst
geschaffenen perfekten Menschenwelt Illusion. Die der „Welt der
Formen, Gestaltungen und Erscheinungen“ innewohnende Flüchtigkeit reizt den
Menschen zu ihrer Überwindung durch dynamisch eskalierende Perfektion
technischer Medien und Instrumente, der Wissenschaften und durch eine bis zur
Ausschweifung gesteigerten Befriedigung seiner Sinne und Bedürfnisse. Immer
unumschränkter formt die Jagd nach Wohlsein und Genuß, Ruhm, Ehre, Macht,
Einfluß und Herrschaft das menschliche Leben. Als dessen absolute Maxime hat
der Mensch Glück, das heißt das
Höchstmaß an Lust, Befriedigung aller Wünsche oder subjektiven Bedürfnisse zur
absoluten Essenz seiner Existenz erklärt. Dem „Durst“[2]
danach verfallen, fügt er, um sich zu berauschen, jeder vitalen und mentalen
Funktion künstlich geschaffene Bedürfnisse hinzu, die über alles natürlich
bedingte Maß hinausgehen, ungeachtet dessen, daß das psychisch-somatische
System aus dem natürlichen Gleichgewicht gerät, und die Sinnes-, Wahrnehmungs- und Reizorgane an
ihrer maßlosen Überforderung erkranken. Je mehr ihre Fähigkeiten Genuß zu
vermitteln verschleißen, um so intensiver und dynamischer werden sie durch
immer neue Erlebnis-, Bedürfnis- und Genußreize stimuliert. Wird aber der
„Durst“ nach Glück, Genuß und Wohlsein nicht gestillt, die Erfüllung des
Begehrens gehemmt oder verhindert, was im
menschlichen Zusammenleben, bei der Verflechtung des Menschenlebens in
die natürlichen Prozesse und bei der sich ständig wandelnden und wechselnden
Gesamtkonstitution des Individuums unvermeidlich ist, dann brechen traumatische
Urängste des Verlorenseins des aus der Natur in seine Welt der Projektionen
Verbannten ungefiltert hervor. Das Individuum sieht sich mit der janusköpfigen
Kehrseite seiner Illusionen von Glück, Genuß und Wohlsein, konfrontiert. Mit
depressiver Beengung und unüberwindlicher Begrenzung tritt ihm das Schemen
"Schicksal" entgegen. Und was der Mensch
auch unternimmt, den Schatten seiner illusionären Projektionen zu entgehen,
schlägt fehl. Dem hybriden Postulat, der von der Natur emanzipierte,
gottgewollte Herr des Lebens zu sein, steht das letztendlich unbesiegbare
physische und psychische Vergehen alles dessen, was er tut und ist entgegen.
Die zum absoluten Ideal erhobenen individuellen Rechte und Freiheiten sind in dem Maß, in dem
sie sich dem Bewußtsein erschließen, nichts als das Kalkül der vom Menschen
selbst geschaffenen, weltweit agierenden Megamaschinen der Politik, Militär-
und Finanzadministration. Die Freiheit
in Denken und Handeln, als höchstes individuelles Menschenrecht verbrieft, ist
zum Manipulationsobjekt subversiv agierender Industrie-, Staats- und Medienapparate
verkommen. Ideologische, materielle, industrielle und wissenschaftliche
Fortschrittsfelder sind Quellorte für ökologische, soziale, ethische und
ethnische Gefahren- und Katastrophenereignisse. So ist die Welt der
menschlichen Projektionen eine dualistische
Welt, eine Welt der Spaltungen und Einseitigkeiten. Nichts befindet sich in der
künstlichen Menschenwelt im Gleichgewicht natürlicher Kräfte, der Kräfte des
natürlichen Ausgleichs. Glück und Genuß stehen in Wechselwirkung zu Egoismus,
Selbstsucht und Habgier. Und diese müssen mit direkter und indirekter Beraubung[3],
Unterdrückung und Unterwerfung[4],
also mit dem Leid und Unglück anderer, sei es Mensch oder Tier, und mit der
Zerstörung materieller Ressourcen am Leben gehalten werden. Es erweist sich
durchgängig, daß jede Sinnes- Willens- und Triebbefriedigung, alles was dem
sinnlichen Wahrnehmungsvermögen des Menschen, seinem Zugriff und seiner
Manipulation zugänglich ist, unbeständig ist und unbeherrschbarer
gegensätzlicher Begrenzungen unterliegt. Die sich feindselig gegenüberstehenden
antagonistisch-polaren Gegensätze des Anfangs und des Endes, des Aufstiegs und
Abstiegs, des Aufgangs und des Untergangs, des
Werdens und Vergehens, der Lust und des Leids, der Liebe und des Hasses,
des Geborenwerdens und Sterbens, des Lebens und des Todes, sind aus
dualistischer Weltdefinition
unüberwindlich, da sie sich gegenseitig bedingen und voraussetzen. Die unausweichliche
Konsequenz der total illusionären Auslieferung des Ich-bewußten an die universale
Vergänglichkeit, an die Flüchtigkeit und Unbeständigkeit der Welt der
sinnlichen Wahrnehmungen und Empfindungen, an Personen, Ereignisse und
Erfahrungen ist Leid. Denn „Was unbeständig ist, ist leidvoll.“ Das sagt der
Buddha. Und ein Blick auf die menschliche Gesellschaft bestätigt dies: Je
dynamischer die Geldherrschaft und die Wirtschaftsprozesse sich hin zu
allgemeinem und sozialen Wohlstand entfalten und das Leben des Individuums
konsumtiv beeinflussen, je intensiver ethnische, nationale und religiöse
Perspektiven sich ideologisch etablieren, desto notorisch unglücklicher,
einsamer, von ungewissen Ängsten gequälter, deprimierter und abhängiger sind
die menschlichen Individuen, desto destruktiver entwickeln sich die
gesellschaftlichen Beziehungen bis in die Abgründe individueller Kriminalität
und kriegerischer Auseinandersetzungen der Völker. Der große jüdische
Charismatiker Jeschu ben Joseph[5]
verbietet kompromißlos den Griff zum Schwert und warnt, daß, wer zum Schwert
greife um zu leben, eben durch das Schwert sterbe. Der Theologe Augustinus aber
widerspricht seinem „Gott"(!),
verweist auf die „ordo naturalis“ (die natürliche Ordnung) und befürwortet den
Krieg, indem er zwischen „gerechten“ und „ungerechten“ Kriegen unterscheidet.
„Gerechte“ Kriege seien ausschließlich von der „Obrigkeit“ zu führen. Ziel und
damit Merkmal „gerechter“ Kriege sei „Wohlergehen, Gerechtigkeit und Friede“.[6]
Folgerichtig hat es der Mensch fertiggebracht, allein im zwanzigsten
Jahrhundert - nur in seinen Kriegen (gerecht? ungerecht?) - über
100.000.000 seiner eigenen Spezies bestialisch umzubringen, von den Zahllosen
körperlich und seelisch Gefolterter, ihrer Existenz Beraubter, Verstümmelter
und Verjagter ganz zu schweigen. Und: 300.000 der von der „Obrigkeit“
bestellten „Kriegstäter“ sind derzeit Kinder! In dem gleichen
Zeitraum, einhergehend mit ihren fürchterlichsten Kriegen und in Wechselwirkung
mit diesen haben die Menschen die Grenzen des bisher im Rahmen der
Naturgesetze, der Mathematik und der Materialbeherrschung Vorstellbaren
überschritten. Innerhalb weniger Jahrzehnte scheint der Mensch die Zielschwelle
der Evolution überschritten und sie selbst in seine furchtbare Gewalt gebracht
zu haben. Und die entsetzliche Dynamik weiterer Umwälzungen und Entwicklungen
steht erst am Anfang. Der
sinnenorientierte menschliche Antagonismus bürgt dafür, daß jeden
„Segen“ ein „Fluch“ gleicher Quantität und Qualität begleitet. [i] [1]
Gothama Siddharta - genannt Der Buddha [2]
Schlüsselbegriff Buddhas [3]
RessourcenKriege [4]
moderne Hegemonialkriege [5]
Jesus von Nazareth, genannt Der Christus [6] LHTK, Band 6,Spalte 640 [i]
Sekundärliteratur und
Informationsquellen: Reden und Lehre des Buddha; Das Neue Testament; Swami
Vivekananda - „Vedanta
- Ozean der Weisheit“; Erich Fromm:
„Haben und Sein“ Lexikon für Theologie und
Kirche; „Der Spiegel“ - Ausgabe 52/199,
Bayerischer Rundfunk; Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 358
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