Das Grabtuch in Turin

In einer Kirche der norditalienischen Stadt Turin wird eine textile Reliquie aufbewahrt und von Zeit zu Zeit umrahmt von liturgischen Handlungen der Öffentlichkeit als Grabtuch Jesu präsentiert. Es handelt sich um ein vier Meter langes und rund 80 Zentimeter breites Leinentuch mit einem Fischgrätenmuster. Es stammt, wie biologische Untersuchungen nachgewiesen haben, aus dem antiken 1. Jahrhundert aus der Gegend von Jerusalem.

Dieses altersgraue Tuch weist zahllreiche Flecken in den Farben grau, beige und dunklem rostrot auf. Sie haben unterschiedliche Größen, Formen und Helligkeitsgrade.  An den Ecken des gefalteten Tuches sind gößere weiße Stoffflicken eingesetzt. Auf einer Länge von jeweils 2 Metern ist vage eine liegende menschliche Gestalt von ihrer Vorder- und Rückseite erkennbar.

Der Abdruck ist durchgehend, vor allem im Porträtbereich befremdlich und weicht ab  von allen je bekannten gewordenen Kunstrichtungen der Malerei. Deren spezifische Merkmale fehlen gänzlich. Da es kein Bild, keine Zeichnung und sonst kein kunsthandwerkliches Produkt repräsentiert, ist auch seine verbale Definition problematisch. - An dieser Stelle wird deshalb von "Bildspuren" und von einem "Abdruck" gesprochen werden.

Es wundert bei der Betrachtung dieses Porträts nicht, daß es nie als Gegenstand kirchlichen Bilderverehrung Geltung erlangte, der zu frommen Phantasien und Meditationen anregte. Da auch verbriefte Wunder im Zusammenhang mit dem Tuch und dem Abbild darauf nicht bekannt gemacht wurden, wird verständlich, dass das Tuch nicht als heilig anerkannt ist und den Charakter einer Ikone nicht hat.

Die Kirche, die sonst dem Reliquienkult nicht abgeneigt ist, bringt dem Tuch kein sakrales Interesse entgegen. Verständlich! In den dogmatischen  Diskussionen über die Auferstehung  Jesu als "Gottessohn" und "Messias" ist das Leichentuch ein Skandalon, konnte doch unter anderem wegen der zahlreichen als Blut zu erkennenden Flecken an  Händen und Füßen und am Haupt erkannt werden, dass der Auferstehungsglaube den medizinischen Erkenntnissen wiedersprach. 

Für die Wissenschaft  ist das Grabtuch von Turin ein wertvolles Kultur-und Zeitdokument. An erster Stelle populärer Veröffentlichungen von dieser Seite kann im  deutschsprachigen Raum das Werk von Maria Grazia Siliato gelten. Grazia Siliato ist Historikerin und Archäologin, wurde in Genua geboren und lehrt in der Schweiz. Von ihr liegen bedeutende Untersuchungen zur Geschichte des Mittelmeergebietes und des Ostens vor. Seit 20 Jahren betreibt und koordiniert sie interdisziplinäre Studien zum Grabtuch von Turin. Sie ist Mitglied und Generaldelegierte des CIELT (Centre International d'Estude sur le Linceul de Turin) für Italien. 

Souverän widerlegt sie die Fälschungshypothese Die C- 14-Forscher und enthüllt im Gegenzug eine Wissenschaftssensation. Fest steht nun:  "Der Weg des Tuches ist (nicht 500 bis 600 Jahre alt, sondern) durch das ganze Mittelalter und die christliche Frühzeit zurückzuverfolgen. Kurz gesagt: Das Turiner Grabtuch ist 2000 Jahre alt. Es stammt aus dem unmittelbaren Umfeld der christlichen Überlieferung. Das Grabtuch ist weder eine Fälschung noch ein Wunder. Die Entstehung des Abbildes ist natürlich zu erklären."

In ihrem Versuch eines möglichst lückenlosen historischen Indizienbeweises schreibt Maria Grazia Siliato einen Krimi der modernen Archäologiegeschichte. Die brisante Frage ist nun: Haben wir damit ein realistisches Portrait Jesu von Nazareth, obwohl uns 2000 Jahre von ihm trennen. Wissen wir nun, wie der Mann aus Nazareth aussah?            

In Bezug auf die unausrottbaren Behauptungen, das Tuch sei ein Produkt von Fälschung und Betrug stellt sich die Frage, welcher Fälscher vor 1898, als die erstaunlichen Merkmale des Tuches fotografisch ans Tageslicht kamen, Interesse an der Arbeit gehabt haben könnte, ein solches Bildwerk im negativen Format herzustellen. Seine eigene Glaubensüberzeugung konnte damit niemand zum Ausdruck bringen, und irgendein materieller oder religiöser Nutzen war aus diesem Werk ja nun nicht zu ziehen.

Und welcher Fälscher wäre in der Zeitspanne zwischen 1000 bis 1898 nach Christus handwerklich in der Lage gewesen, einen menschlichen Körper in Schwarz-weiss-Umkehrung, in menschlicher Originalgröße, von der Vorder- und Rückseite herzustellen, und dabei alle geschichtlich und medizinisch relevanten Merkmale von Folter und Kreuzigung 700 Jahre nach deren m Verbot zu erarbeiten?

Der fotographisch negative Charakter dieses  kam 1898 ans Licht, als der erste Photograph des Grabtuchs die belichteten Platten aus dem Entwicklungsbad nahm. Bis dahin war der Bildabdruck kaum vage und in umgekehrter Helligkeit zu erkennen. Was in der Realität hell war, erschien auf dem Grabtuch dunkel, mit Ausnahme zahlreicher dunkler Rinnsale, die nicht zu deuten waren.

Der Photograph aber sah nach der fotographischen Fixierung der Fotoplatten eine überraschend exaktes und realistisches Fotopositiv. Die Kunst war nie fähig dergleichen mit handwerklichen Mitteln zu erstellen. - Die vorhandenen negativen Produkte von renommierten Künstlern beweisen das.

Den ersten technisch noch schlichten Fotoaufnahmen folgten in Anwendung neuerer Fototechnik weitere, unter anderem detaillierte Nahaufnahmen in hoher Qualität. Sie wurden unter fachlicher und wissenschaftlicher Aufsicht hergestellt. Die Arbeiten wurden penibel protokolliert. Diese Fotos sind die wichtigsten Grundlagen der modernen Grabtuchforschung.

Mit computertechnischen Mitteln bearbeitet, wird sogar die Plastizität dieser Bilder sichtbar. So haben sensible Künstler schon vor der Entdeckung der Fotografie meditativ das Aussehen Jesu in vielen Varianten interpretiert. Nach der Umkehrung der Helligkeitswerte zeigt das Grabtuch einen männlichen Toten, der mit dem Rücken auf das Tuch gelegt worden war. Das Ende des Tuches wurde auf der Vorderseite über den Kopf zu den Füßen des Toten gelegt.

Nach den Bildspuren hatte dieser Mensch schwerste Misshandlungen erlitten. Schwerwiegende Deformationen treten an den Schultern, an den Knien, an den Beinen und an den Füßen und im Gesicht hervor. Sie sind die Folgen von Verrenkungen von Gelenken und Verzerrungen. Es sind Schwellungen im Bereich des Portraits als Folgen von schweren Schlägen und Fausthieben, zu erkennen. Die Spuren zahlloser kleinerer Blutungen über den ganzen Körper zeugen von Geißelhieben. Starke Blutungen sind an den Handgelenken und Fußgelenken sowie an der Brust zu sehen. Ein Kranz von Blutungen zeigt sich am Kopf. Am Rücken ist großflächig der Ausfluss von wässrigem Sekret vermischt mit Blut sichtbar.

Als Ursache dafür kommt die vollständige Durchstoßung des Thorax von der Brust durch die Herzkammern in Betracht, wo sich die Sekrete während des Sterbeprozesses angestaut hatten. Nach der Abnahme vom Folterpfahl und in waagrechter Lage trat das Sekret-Gemisch durch die Wunde am Rücken aus und floss in das Leichentuch. Keine dieser Blutungen war jedoch bei der Bestattung noch aktiv. Es ist zu erkennen, dass das Leinen das geronnene Blut in der Kühle des Felsengrabes von dem noch erhitzten Körper abgezogen hat. Nach der Farbumkehrung erscheinen die Blutungen hell.

Aufgrund dieser unschwer erkennbaren körperlichen Merkmale besteht wohl kein Zweifel, dass das Grabtuch von Turin die Leiche eines am römischen Kreuz hingerichteten Mannes bedeckt hat. Zieht man dazu die römische Praxis der Geißelung und Kreuzigung in Betracht und dazu das Alter, das Gewebe und den Zuschnitt des Tuches sowie die erkennbar lange Haar- und Barttracht dieses Menschen in Betracht, dann ist hinreichend Veranlassung gegeben, in dem Toten Jesus von Nazareth zu erkennen.

Alle an dem Tuch erkennbaren Verletzungen und körperlichen Deformationen sind aus den Berichten (Evangelien) über die Folterungen vor und während der Kreuzigung Jesus zu entnehmen. Die "Backenstreiche" (Ohrfeigen und Fausthiebe), die höhnische "Krönung" des "Messias" mit Dornenzweigen, die Geißelung, die auf den Schultern scheuernde Last des Kreuzes, die Stürze mit dem Kreuzbalken auf den Schultern, das Blut aus Wunden der Nägel durch Hände und Füße, der Stich mit einer Lanze durch die Brust, und das Grabtuch selbst, sind sämtliche Hinweise der Berichte durch das Grabtuch belegt.

Wie berichtet wird, waren unmittelbar nach Eintritt des Todes Jesu in Kürze Vorbereitungen für die Bestattung zu treffen und auszuführen:

Die amtliche Absicherung des Todes des Hingerichteten durch den Hauptmann.

Die Meldung des Vollzuges an den Prokurator.

Die Beschaffung eines Grabes und eines Begräbnistuches

Die Einholung der Erlaubnis den Gekreuzigten vom Kreuz abnehmen und bestatten zu dürfen.

Die Abnahme des Leichnams vom stehenden Kreuz.

Der Transport des Toten vom Hinrichtungsfelsen zu Grabstätte.

Die Bestattung des Toten (ohne Einhaltung der Bestattungsformalitäten).

Dafür hatte man nur Zeit von etwa 15 Uhr, dem Todeszeitpunkt, bis 18 Uhr, dem Beginn des jüdischen Hochfestes. Das Grabtuch lässt eine nur provisorische Bestattung vermuten. Die Überlieferung berichtet, dass die Bestattung in einem nahe liegenden Felsengrab stattfand. Nach den Bildspuren zu urteilen wurde der Leichnam entgegen dem Brauch nicht gereinigt und nicht von Kopf bis Fuß mit Leinenbilden eng umwickelt. Auch das lässt auf eine nur vorübergehende Bestattung schließen.

 
Das Tuch wurde mehrfach wissenschaftlich unterucht.
Der Autor besitzt literarische Dokuente über die Geschichte und die  Beschaffenheit des Tuches


Original vor der Farbumkehrung

Nach der Farbumkehrung - (Computer durch den Autor)

 
 Theo Trautner Paffrath